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Lesekreis vom 18.11. 2019

Thema des Lesekreises: Literatur aus Südamerika

Anita Tipotsch besorgte den Lesekoffer vom Verein "Südwind" in Innsbruck und die Teilnehmer des Lesekreises konnten verschiedene Bücher lesen. Die Literatur aus Südamerika war für viele befremdlich. Viele Texte enthalten Anspielungen auf alte Mythen und viele Gewaltszenen. Die Romanfiguren müssen mit deprimierenden Umständen zurechtkommen: Gewalt (Machismo), Drogenkonsum, Armut, Bandenkriegen...   Die Gründe dafür liegen teils in der Geschichte des Kontinents, teils in den korrupten politischen Systemen.

Südamerika

Größe: 17,8 Mio. km² (Europa: 10,5 Mio. km²) Einwohner: 418 Mio, (Europa: 746 Mio.)

Staaten: 13 (Europa: ca. 50)      Lage: Landenge von Panama bis zum Kap Horn

3 Großräume:  Die Anden oder Kordilleren, die Flussebenen (Amazonas- und La Platabecken), Bergländer östlich der Anden

Bewohner: Indigene, Creolen (Spanier, die in SA geboren wurden), Mestizen (Europäer und Indigene), Mulatten (Europäer und Schwarze) Zambos oder Lobos (Schwarze und Indigene)

Geschichte:

Nordamerika wurde um ca. 15.000 v. Chr. über die Beringstraße von asiatischen Stämmen bevölkert, von denen einige weiter nach Südamerika bis zum Feuerland wanderten. Die spanische Eroberung erfolgte von Mittelamerika aus, auf der Suche nach dem sagenhaften Goldland El Dorado. Die ersten Siedlungen der spanischen Einwanderer entstanden bereits um 1520 im heutigen Venezuela, Kolumbien und Argentinien.

Mexico wurde durch den Spanier Fernando Cortes in den Jahren 1519-1521 erobert und das Aztekenreich unter dem letzten Herrscher Montezuma II vernichtet.

Ab etwa 1200 bis 1532 herrschten die Inka, die wohl bekannteste Hochkultur Südamerikas, über große Teile des Kontinentes und schufen ein riesiges Reich mit Zentrum im heutigen Peru. Durch die Ankunft der spanischen Eroberer wurde das Inkareich zerschlagen. Der Spanier Francisco Pizarro kam vermutlich 1502 nach Südamerika. Er nahm an der Expedition des Balboa teil, auf der das Südmeer (Pazifik) entdeckt wurde. Von Panama aus erforschte er die Küste und eroberte 1532 mit einer Armee von 159 Mann das gigantische Reich der Inka, indem er im Handstreich den Herrscher Atahualpa gefangen nahm. Das rituelle, administrative und kulturelle Zentrum war die Hauptstadt Qusqu (Cusco) im Hochgebirge des heutigen Peru. Pizarro wurde zum Statthalter von Neukastilien (Peru) ernannt und gründete die Hauptstadt Ciudad de los Reyes, das heutige Lima. Francisco wurde 1541 von Anhängern seines ursprünglichen Teilhabers in Lima getötet. Peru war die reichste Kolonie Spaniens. Vor allem Gold und Silber wurden nach Europa verschifft.  Zwischen 1503 und 1660 wurden allein im Hafen von Sevilla 185 000 kg Gold und 16 Mio. kg Silber aus Peru und Mexico entladen. Mit der Gründung des Vizekönigreiches Neuspanien (Mexiko und Venezuela) und des Vizekönigreiches Peru (spanischer Teil von Südamerika und Panama) im Jahr 1543, mit Lima als Hauptstadt, gab es zwei Vertreter des Königs auf dem Kontinent.

 Brasilien wurde von Portugal kolonisiert. Sprache: Portugiesisch!

Unabhängigkeitskriege   in Südamerika (von der Zeit Napoleons ca. 1810 -1825)

Nach Erlangung der Unabhängigkeit wurden nach und nach Demokratien aufgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mehr und mehr Länder Südamerikas von rechtsgerichteten Militärdiktaturen regiert, vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren. Dabei kam es in fast allen betroffenen Ländern zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen im Rahmen so genannter Schmutziger Kriege gegen politische Gegner aller Art. Diese Periode zeichnete sich durch das heimliche Verschwindenlassen und Ermorden zehntausender Menschen (Desperacidos) durch staatliche Organe aus, was etwa die Gesellschaften Chiles und Argentiniens bis heute belastet.

Heute gibt es noch in Kolumbien, Peru und Bolivien sogenannte Freiheitsrebellen: FARC und Der leuchtende Pfad …), was für manche Gebiete Bürgerkrieg bedeutet.

Bekannte Schriftsteller aus Südamerika:

Viele der Autoren wurden erstmals in Spanien oder Frankreich durch ihre Werke bekannt. Erst nachdem sie im Ausland zu Ansehen und Ruhm gelangt waren, konnten sie auch in ihren Heimatländern Verleger finden. Für einige von ihnen bedeutete das Schreiben Exil! Ihre Bücher waren lange Jahre in den Heimatländern verboten. Die bekanntesten Schriftsteller Südamerikas im 19. Und 20igsten Jahrhundert waren: „Der harte Kern, also die Vierermafia, engagierte sich für die Verbreitung der Werke der Kollegen: Vargas Llosa und Cortazar schrieben Artikel über Jose Lezama Lima. Carlos Fuentes publizierte über die Romane von Vargas Llosa, Garcia Marquez und Carpentier sowie Roa Bastos.“ Die wichtigsten Romane dieser Zeit waren „Hundert Jahre Einsamkeit“ von Garcia Marques und „Rayuela. Himmel und Hölle“ von Julio Cortazar.

Jeder Staat entdeckte für sich einen Schriftsteller: Brasilien feierte Jorge Armado, Chile den Lyriker Pablo Neruda, Argentinien Miguel Angel Asturias (Nobelpreis 1967), Peru Juan Rulfo.

Tirol und Südamerika

Tiroler Dörfer in Südamerika:

1837 mussten 427 Zillertaler als sogenannte „Inklinanten“ (Protestanten Augsburger Bekenntnisses) ihre Heimat verlassen und nach Schlesien ins „Zillerthal“ (einem Tal im Riesengebirge, das heute zu Polen gehört) auswandern. 54 von ihnen schlossen sich 1856 einer Auswanderergruppe von Deutschen an. Diese wurde von der chilenischen Regierung als Kolonisten ins Land gerufen. Sie gründeten eine Siedlung in der Nähe von Llanquihue beim gleichnamigen See. (Provinz Valdivia!) Das war das Gebiet der berüchtigten Mapuche Indianer. Heute gibt es ca. 600 Nachfahren.

1859 wanderten 180 Tiroler und 120 Rheinländer nach Peru aus und gründeten das Dorf Pozuzo. Die meisten von ihnen stammten aus Silz und Haiming. Im Auftrag der peruanischen Regierung warb der aus Hessen stammende Freiherr Damian v. Schütz-Holzhausen im damals unter preußischer Verwaltung stehenden Rheinland um Auswanderungswillige. Sein als katholisches Unternehmen deklariertes Kolonisierungsprojekt fand auch in klerikalen Kreisen Tirols Anklang, Über 100 Jahre lang waren die Absatzmärkte nur in mehrtägigen Fußmärschen auf schwierigen Pfaden über hohe Gebirgszüge erreichbar. Einen befahrbaren Weg bis Pozuzo-Centro gibt es erst seit 1976. Wegen der isolierten Lage war man früher auf eine die Autarkie gewährleistende Subsistenzwirtschaft angewiesen (Tierhaltung, Anpflanzungen; Brandrodungssystem mit Fruchtrotation; fruchtbare Böden). Ab den 1970-ern Zurückdrängung der Wälder zugunsten der Schaffung von Weideland. Heute Fleischproduktion (LKW-Lebendviehtransporte nach Lima; fast 500 km, Ticliopaß 4.843 m hoch).

1857 wurde das Dorf Tirol im Norden von Rio de Janeiro gegründet. (Colônia Tirol, Brasilien ES)      82 Tiroler (vorwiegend dem aus Stubai- und Oberinntal) Die Höfe von Tirol-California liegen in isolierter Einzellage, ein Siedlungszentrum hat sich erst in den vergangenen Jahren herausgebildet (Wirtschaftshilfe durch das Land Tirol. Brasilien musste damals die Einfuhr von afrikanischen Sklaven aufgeben und war deshalb auf Ersatz durch andere Landarbeiter angewiesen, um den Fortbestand der Kaffeeproduktion sicherzustellen.)

1933 gründeten Auswanderer aus Tirol (560 wanderten aus!) Dreizehnlinden im brasilianischen Urwald. Treze Tilias, Brasilien SC   Der Ort Dreizehnlinden ist heute (Stand 1992) der städtische Siedlungskern eines Siedlungsgebietes, das in 14 "Linhas" bzw. "Kolonien" aufgeteilt ist; Gesamtausdehnung 157 km² (wie Liechtenstein). Malaria- und gelbfieberfreies hügeliges Gelände, durchschnittliche Höhenlage ca. 800m ü.d.M. Ca. 5.000 Einwohner .

1933 gab es in Österreich 560 000 Arbeitslose! Präsident der Auswanderer- Gesellschaft war der Obmann des Tiroler Bauernbundes und vormalige österreichische Landwirtschaftsminister Andreas Thaler (geb. 1883) aus der Wildschönau. Von 1933 bis zum Anschlussjahr 1938 wanderten in insgesamt 14 Transporten fast 800 Österreicher nach Brasilien aus. Darunter waren auch Zillertaler! Der mitausgewanderte "Minischtr" (Thaler) wurde zum Chef der Kolonie (Unfalltod 1939).

Heute Milchwirtschaft, Maisproduktion, Mate, Schweine- und Geflügelmast. Aufstrebender Tourismus. - Verkehrslage: Seit 1984 Asphaltstraße. Milchauslieferung in betriebseigenen LKW bis São Paulo (ca. 600 km).

Quelle:

SCHABUS, Wilfried (1998): Konfession und Sprache in südamerikanischen Kolonisationsgebieten mit österreichischem Siedleranteil. In: Bauer, Werner / Hermann Scheuringer (Hg.): Beharrsamkeit und Wandel. Festschrift für Herbert Tatzreiter zum 60. Geburtstag. Wien, S. 249-280.